Stroh im Holzrahmenbau

27. Februar 2020

Strohballenbau:
Der Baustoff aus der Scheune

Vom Acker in die Wand. Der Strohballenbau ist eine der spannendsten Varianten des ökologischen Bauens. Was hat es damit auf sich? Wie wird Stroh beim Hausbau eingesetzt? Und vor allem: Wie feuerfest sind Strohballenhäuser überhaupt?

Den Rohstoff Stroh gibt es in unseren Regionen in rauen Mengen. Seit der Erfindung der landwirt­schaftlichen Ballenpresse existieren bereits Ansätze zum Stroh­ballenbau. Die Ursprünge des Stroh­ballenbaus reichen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Als Wiege der Strohballen­bauweise gilt gemeinhin der landwirts­chaftlich geprägte Bundesstaat Nebraska im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. In Deutschland ist der Bau von Strohballen­häusern noch vergleichsweise selten, aufgrund der vielen Vorteile des Strohballenbaus lässt sich aber ein steigendes Interesse für die alternative Bauweise verzeichnen.

Wie nachhaltig ist Strohballenbau?

Beim Gesichtspunkt Nachhaltigkeit macht dem Stroh kaum ein anderes Baumaterial etwas vor. Hergestellt vom Bauern aus der Region, wächst es rasend schnell auf den Feldern nach. Stroh ist wie der Baustoff Holz CO2 neutral und fügt sich nach Abriss eines Stroh­ballen­hauses problemlos wieder in den natürlichen Stoffkreislauf ein. Ein weiterer Pluspunkt: Stroh ist ein Abfallprodukt der Getreideernte, deshalb verbraucht die Herstellung von Strohballen, die zum Bau geeignet sind, nur ein Minimum an Energie.

Bei der Herstellung vieler konventioneller Baustoffe werden hingegen große Mengen CO2 freigesetzt. Auf diesem Auge sind der Gesetzgeber und die Energie-Einsparverordnung (EnEV) bisher blind – ob gewollt der nicht, sei dahingestellt. Die EnEV regelt bisweilen nur den Energiebedarf, den ein fertiges Gebäude im Betrieb benötigt. Wie viel CO2 beim Bau und bei der Herstellung der Baustoffe frei wird, interessiert bisweilen nicht. Konventionelle Dämmungen wie Mineralwolle und Polystyrol verbrauchen in der Produktion reichlich Energie und selbst die Entsorgung ist kompliziert und teuer. Da Mineralwolle sowohl für die Umwelt als auch die Gesundheit eine Belastung darstellt, existieren besondere Vorgaben für die Verarbeitung und Entsorgung. Dagegen können die Strohballen beim Strohballenbau ohne chemische Zusätze als Baumaterial genutzt werden, insofern ist die spätere Entsorgung des Strohs völlig unproblematisch.

Wer grün bauen will, sollte folglich die Herstellungs- und Entsorgungskosten unter die Lupe nehmen. Ein konventionelles Steinhaus in durchschnittlicher Quadratmeterzahl erzeugt inklusive Produktion, Transport und Bearbeitung der Baustoffe einen CO2-Ausstoß, der grob geschätzt mit den Betriebsenergie-Emissionen eines Hauses in einem halben Jahrhundert vergleichbar ist. Natürlich ist es sinnvoll, Verordnungen zur Regelung des Energiebedarfs für Neubauten wie die EnEV aufzusetzen, jedoch wird dadurch letztlich nur die halbe Wahrheit geregelt. Beim Hausbau sollten die Herstellungs­prozesse der Baustoffe und die Wahl der Bauweise als Verursacher schädlicher Emissionen nicht unter den Tisch fallen.

Strohballen

Wie wird ein Strohballenhaus gebaut?

Zurück zum Thema Strohballenbau. Wie wird das Stroh als Wärmedämmung eingesetzt? In Deutschland werden Strohballen vor allem in Form des sogenannten nicht-lasttragenden Strohballenbaus verwendet. Übersetzt bedeutet dies, dass eine Konstruktion aus Holz die Lasten des Hauses trägt und zwischen den Balken stark gepresste Strohballen als Dämmmaterial fungieren. Vergleichbar ist dies mit dem traditionellen Fachwerkhausbau und dem heutigen Holzrahmenbau, bei dem in der Regel Zellulose als Einblasdämmung verwendet wird. Aus diesem Grund ist der Holzrahmenbau für den Einsatz von Strohballen prädestiniert, da er große Zwischenräume, die Gefache, für das Einbringen des Strohes anbietet. Durch das Einbringen in die Gefache bildet das Stroh als Dämmstoff fast die ganze Wand. Geschlossen wird dies entweder mit einer Verschalung aus Holz oder mit Putz, der häufig als Lehmputz direkt auf die Strohballen aufgetragen wird. Die Dämmeigenschaften der Strohballen sind enorm. Strohdämmungen besitzen Dämmwerte, die sich locker mit den Standards von Niedrigenergiehäusern messen können. Bei entsprechenden Wandstärken erreicht ein Strohballenbau sogar das Dämmniveau von einem Passivhaus.

In Deutschland ist der nicht-lastentragender Strohballenbau mit einem Holzständerwerk erlaubt. Gegenüber dem ebenfalls existierenden Verfahren des lasttragenden Strohballenbaus gibt es hingegen bauaufsichtliche Bedenken. Wie jeder Baustoff in Deutschland muss natürlich auch das Stroh gewisse Anforderungen erfüllen, um zugelassen zu werden. Das Stroh muss besonders stark gepresst werden, um eine erforderliche Dichte zu erreichen. Erst dann wird es als Baustroh zugelassen. Von der Dichte des Strohs hängt nicht nur die Wärmedämmeigenschaft ab, die Art der Pressung hat auch Einfluss auf die Brand- und Schallschutzeigenschaften des Naturmaterials. Erforderlich ist eine Rohdichte von circa 100 Kilo­gramm pro Kubikmeter.

Wie brandsicher ist der Strohballenbau?

Wenn vom Strohballenbau die Rede ist, denken viele Menschen sicher im ersten Moment über die mögliche Brandanfälligkeit des Naturmaterials nach. Im ursprünglichen Zustand fängt loses Stroh natürlich recht leicht Feuer. Gepresstes und hoch verdichtetes Baustroh entzieht den einzelnen Halmen aber die Zufuhr von Sauerstoff, daher wird Baustroh als normal entflammbarer Baustoff eingestuft. Zu dieser Baustoffklasse zählen beispielsweise auch Holzwerkstoffe mit einer Dicke von mehr als zwei Millimetern oder ökologische Gipsfaserplatten.

Das Verhältnis von Stroh zu Baustroh ist mit dem Verhältnis von losem Zeitungspapier zum Buch vergleichbar. In Gestalt von Büchern brennt Papier entgegen allgemeiner Ansicht sehr schlecht, häufig sogar nur am Rand. Kleiner Tipp für bibliophile Menschen: Je enger die Bücher im Regal stehen, desto schlechter sind sie entflammbar.

Die hohen Auflagen des Brandschutzes, die in Deutschland für jeden Baustoff gelten, muss Baustroh ohnehin erfüllen. Je nach Stärke der Putzschicht kann Baustroh unterschiedliche Feuer­widerstands­klassen erreichen. Zwischen 30 und 90 Minuten hält ein mit Baustroh gefülltes Holzrahmenbau­gebäude stand, bevor es einstürzt. Dies entspricht den Feuer­widerstands­klassen F30 (feuerhemmend) bis F90 (feuerbeständig). Auch Betongebäude stehen nicht länger, F90 ist auch die entsprechende Klasse für den Mehrgeschossbau.

Sind Strohballen eine Brutstätte für Schädlinge?

Die Angst von dem Einnisten von Ungeziefer, Insekten und Mäusen umtreibt sicherlich ebenso viele Bauherren, wenn sie erstmals über den Bau eines Strohballenhauses nachdenken. Durch den hohen Grad der Pressung ist das Stroh als Lebensraum wenig attraktiv, zudem schützt eine lückenlose Verschließung durch eine Verkleidung mit Plattenwerkstoffen oder durch Putz vor dem Eindringen von unliebsamen Mitbewohnern. Nager werden vor allem von Kornresten angezogen. Korn wird jedoch heute so gut wie vollständig bei der Ernte von den Ähren entfernt. Auch deshalb sind die verbauten Strohballen als Heim für Tiere kein Eldorado, vorausgesetzt sie wurden fachgerecht verbaut.


Stroh im Holzrahmenbau

Schimmelgefahr beim Strohballenbau

Feuchtigkeit und Schimmelbildung sind sicherlich die größten Gefahren beim Strohballenbau. Das Stroh im Inneren der Wände darf weder beim Bau noch während der eigentlichen Nutzung feucht oder nass werden. Ein großer Dachüberstand sowie eine vorgehängte Fassade, die als Verschalung die eigentliche Wand vor Regen schützt, sind neben Putz und Weichfaserplatten die Mittel der Wahl gegen die Feuchtigkeit von außen. Von innen schützt ein dampfdiffusionsoffener und luftdichter Wandaufbau in Kombination mit einer Lehmbauplatte und einem Lehmputz die Strohballen vor Feuchtigkeit. Der Wandaufbau eines Strohballenhauses ist ansonsten vergleichbar mit dem Wandaufbau beim ökologischen Holzrahmenbau

Wer baut Strohballenhäuser?

Auf den Strohballenbau spezialisierte Holzbaubetriebe, Zimmereien und Architekten sind in der Regel die ersten Ansprechpartner für interessierte Baufrauen, Bauherren und Baufamilien. Über den im Jahre 2002 gegründeten Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V. lassen sich neben interessanten Fakten zum Strohballenbau ebenfalls erfahrende und regionale Fachbetriebe finden.