
31. März 2020
Schallschutz im Holzhaus:
Sind Holzhäuser hellhöriger als Steinhäuser?
Wer nichts mehr hört, muss nichts an den Ohren haben. Häuser aus Holz stehen heute beim Schallschutz auf einer Stufe mit Häusern aus Stein. Moderne Holzhäuser sind präzise gefertigte, energieeffiziente Bauwerke, die den gleichen Anforderungen an den Schallschutz genügen müssen wie der Massivbauten aus Stein.
Menschen, die im städtischen Raum in einer Wohnung leben und ein Einfamilienhaus planen, eint meist der Wunsch nach Ruhe und Entspannung. Endlich keine Nachbarn mehr, die mitten in der Woche über dem eigenen Kopf Partys feiern. Auch das Bobby-Car-Rennen auf dem Dielenboden nebenan ist Schnee von gestern. Und die urbane Geräuschkulisse von anfahrenden Autos auf dem Kopfsteinpflaster verliert ab einem gewissen Alter ebenfalls ihren Reiz. Außenlärm und laute Geräusche sind nichts für schwache Nerven und stören massiv das Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden. Wer sich nach Ruhe sehnt, möchte beim Schallschutz im zukünftigen Zuhause keine Kompromisse eingehen. Daher steht bei Baufamilien, die sich für ein Holzhaus interessieren, das Thema Schallschutz stets ganz oben auf der Agenda.
Wer ein Haus baut, möchte später seine Ruhe haben
Hilft gegen Lärm nicht einfach eine besonders dicke Wand aus Stein oder Beton? Dies denkt sicher heute immer noch die Mehrzahl der Bauherren. Vielleicht ist die Erinnerung an den letzten Urlaubsbungalow aus Holz noch allzu präsent. Jedes Wort von den Nachbarn war deutlich zu verstehen – das kann spannend sein, ist es aber meistens nicht. In Gebäuden, die den deutschen Standards für den baulichen Schallschutz entsprechen, wären einem diese ungewollten Urlaubseindrücke sicher erspart geblieben. Für alle Bauweisen, ob Holzbau oder Steinbau, regelt die DIN 4109 die Anforderungen an den Schallschutz.
Was der Massivbau aus Stein über Masse bzw. massive Wände mit einer hohen Rohdichte erreicht, reguliert der moderne Holzrahmenbau über intelligente, mehrschichtige Decken- und Wandaufbauten. Hier spricht man auch von mehrschaligen Wandkonstruktionen. Besonderes Augenmerk kommt dabei der Entkopplung der Schalen untereinander zu. Der Einsatz verschiedener Materialien und eine Entkopplung schallleitender Bauteile ist daher beim Holzrahmenbau der Königsweg zum Schallschutz. Eine Trennung der verschiedenen Schichten, beispielsweise durch Dämmmaterialien, kann die direkte Übertragung von Schallwellen effektiv unterbrechen.
Auf diese Weise erreicht der Holzrahmenbau nicht nur die gesetzlichen Anforderungen an den Schallschutz, auch sogenannte erhöhte Schallschutzanforderungen lassen sich mit dem Holzrahmenbau mit wenigen Mehraufwendungen umsetzen. Erhöhte Schallschutzanforderungen können durch die Lage des Hauses an befahrenden Straßen, Bahngleisen oder in Einflugschneisen von Flughäfen erforderlich sein.
Darüber hinaus sollte schon die Grundrissplanung vom Architekten die Bauakustik beachten. Ein Elternschlafzimmer in direkter Nachbarschaft zum Kinderzimmer rächt sich spätestens, wenn die süßen Kleinen zu Teenagern werden und am Abend nicht auf laute Musik verzichten möchten.

Was bedeutet Schallschutz beim Holzhaus
Generell werden beim baulichen Schallschutz unterschiedliche Schallarten unterschieden. Der Schallschutz kümmert sich um den Trittschall ebenso wie um den Luftschall in Gebäuden. Der Begriff Luftschall bezeichnet Schallwellen, die sich über die Luft ausbreiten. Dies kann Musik sein, Unterhaltungen und Kindergeschrei fallen aber ebenso in diese Kategorie wie Straßenlärm oder Geräusche aus der Umgebung. Im Inneren eines Gebäudes treffen die Luftschallwellen dann auf die Wände oder Zimmerdecken und werden dort weitergeleitet bzw. reflektiert. Jeder kennt inzwischen Schallabsorber oder schallabsorbierende Stellwandsysteme im Büro, die diese Luftschall-Reflexionen vermindern.
Wer einmal in einem Altbau gewohnt hat, dürfte mit dem Phänomen Trittschall bestens vertraut sein. Möbelrücken, Gehgeräusche und auch das eingangs erwähnte Bobby-Car zählen zu den Trittschallquellen. Sobald der Schall von den Decken auf die Wand oder von einem Bauteil auf das andere übertragen wird, spricht man auch von Körperschall.
Wie reduziert der Holzrahmenbau die Schallbelastung
Beim Holzrahmenbau sind vor allem die Konstruktionsweise, der richtige Aufbau der mehrschichtigen Wand- und Deckenelemente sowie eine minutiöse Ausführung der verschiedenen Bauteile relevant für den Schallschutz. Ähnlich wie beim Thema Wärmeschutz ist dabei die korrekte Ausführung von Anschlussdetails von enormer Bedeutung. Vor allem die Ausführung der Anschlüsse zwischen den Wand- und Deckenelementen ist für den Schallschutz im Holzhaus relevant. Denn neben Wärmebrücken gibt es auch Schallbrücken. Solche Schallbrücken entstehen durch Unkenntnis oder unsauberes Arbeiten, lassen sich aber beispielsweise durch den Einsatz von Dämmstreifen oder durch einen erprobten und regelgerechten Wandaufbau vermeiden. Die Vermeidung von Schallbrücken gelingt an besten im Zusammenspiel. Wenn die Fenster und Türen nichts taugen, hat auch eine noch so gute Schalldämmung in der Wand kaum eine Wirkung.
Der Holzrahmenbau nutzt seinen mehrschichtigen Decken- und Wandaufbau und das damit verbundene Zusammenspiel verschiedener Materialien beim Thema Schallschutz gezielt aus. Dabei spielen die Art und Anzahl der Beplankungen, deren Befestigungsarten sowie die Form der Hohlraumdämmung eine gewichtige Rolle. Auch das Raster und die Art des Ständerwerks sind von Bedeutung.
Ein typischer Wandaufbau beim Holzrahmenbau nutzt zum Beispiel von außen nach innen betrachtet, folgende Materialien:
- Außenverschalung aus Holz oder Putz (Fassade)
- Unterkonstruktion mit Hinterlüftung
- Holzweichfaserdämmplatte als Putzträger oder Fassadenträger
- Holzrahmenständerwerk mit Zellulosedämmung in den Zwischenräumen
- OSB-Platte oder Holzwerkstoffplatte zur Aussteifung und als luftdichte Ebene
- Holzweichfaserdämmung
- Installationsebene
- Holzwerkstoffplatte
- Gipsfaserplatte
Hierbei absorbieren die Holzfaserplatten sowie die Dämmmaterialien aus Zellulose störende Schallwellen. Diese weichen Materialien leiten aufgrund ihrer Strukturen Schallschwingungen schlechter weiter. Auch die Installationsebene hat eine schallreduzierende Wirkung, da sie für eine Entkopplung der Wandelemente sorgt und dadurch die Schallwellen bricht.

Schallbrücken bei Geschossdecken vermeiden
Der Aufbau der Wohnraumdecken beim Holzrahmenbau ist vergleichbar mit den Wandaufbauten, unterscheidet sich aber im Detail. Die verschiedenen Schichten leisten hier gleich mehrfach Widerstand, sodass dem Schall der Weg durch die Decke erschwert wird. Von oben nach unten betrachtet, findet sich dabei beispielsweise folgender Aufbau:
- Bodenbelag (Dielenboden, Parkett, Teppich etc.)
- Nassestrichsytem (z.B. Estrich)
- Trittschalldämmung
- OSB-Platte
- Massiver Deckenbalken
- Hohlraumdämmung
- Gipsfaserplatte
Randdämmstreifen zu den angrenzenden Bauteilen und an allen Randfugen entkoppeln die Bauelemente und verhindern dabei effektiv Körperschallbrücken und eine sogenannte Flankenübertragung des Schalls in angrenzende Bauteile. Eine einzige Unterbrechung dieser durch die Randdämmstreifen erreichten Trennung der Bausteile oder eine unsaubere Ausführung reichen aus, um den Schall in die gesamte Konstruktion weiterzuleiten.
Ähnliches gilt für einen entkoppelten, schwimmenden Nassestrich. Ein schwimmender Estrich muss im Sinne des Schallschutzes zwingend von der Deckenkonstruktion schalltechnisch entkoppelt sein. Zudem werden besonders massive Balken beim Deckenbau eingesetzt. So wird die Schwingung der Decke verringert, was sich positiv auf die Reduzierung von Schallwellen auswirkt. Ergänzend trägt im Bereich der Decken neben einer Trittschalldämmung auch eine zusätzliche, gegebenenfalls gebundene Schüttung bei. Dadurch wird die Masse insgesamt erhöht, was wiederum die Schalldämmung bzw. den Schallschutz beim Holzrahmenbau verbessern kann.
Als Alternative zum mehrschichtigen Deckenaufbau können die Decken beim Holzhaus auch als Massivholzdecken (Brettschichtholzdecken bzw. Brettstapeldecken) ausgeführt werden. Weil diese Ausführungsweise aufgrund ihrer Massivität auch erhöhte Schallschutzanforderungen spielend erfüllt, werden Massivholzdecken vor allem bei mehrgeschossigen Holzgebäuden favorisiert verbaut, denn dort müssen verschiedene Wohneinheiten schalltechnisch optimal getrennt werden. Auch beim Einfamilienhaus erreichen Massivholzdecken häufig noch bessere Schallwerte als die mehrschichtige Variante. Natürlich müssen auch diese Deckensysteme richtig konstruiert und verarbeitet sein, um einen hohen Schallschutz im Holzhaus zu garantieren.
Schallschutz beim Holzhaus frühzeitig ansprechen
Beim fertiggestellten Gebäude ist es schwierig, im Nachgang effektive Schallschutzmaßnahmen umzusetzen. Bauherren sollten daher in der Planungsphase und vor Baubeginn an den Schallschutz denken und gemeinsam mit dem Architekten und Bauunternehmer geeignete Schallschutzmaßnahmen bestimmen und diese aus vertraglich festhalten.
Jeder seriöse Holzhausbauer wird beim Erstgespräch alle Fragen rund um den Schallschutz aus dem Stegreif beantworten können. Holzbaukunden interessieren sich ähnlich häufig für den Schallschutz beim Holzhaus wie für den Brandschutz. Bei beiden Themenbereiche misstrauen immer noch viele Bauherren aufgrund von althergebrachten Ressentiments dem Holzbau. Vielleicht konnten wir mit diesem Text etwas aufklären, einige Vorurteile ausräumen und grundsätzliche Fragen bereits beantworten.