13. August 2020

Holzhaus und Klimaschutz:
Wie trägt der Bau von Holzhäusern zum Klimaschutz bei?

Über Jahrzehnte haben wir gelernt, dass wir unsere Wälder um jeden Preis schützen müssen. Jetzt hört man überall, das Abholzen von Bäumen zur Errichtung von Holzhäusern sei gut für den Klimaschutz. Wie lässt sich dies vereinbaren? Wir glauben, dass hier Erklärungsbedarf besteht.

Lässt sich unser Klima durch eine Erhöhung von Materialverbrauch schützen? Ist nicht allerorten die Reduktion das Gebot der Stunde? Weniger Fleisch, weniger Autofahren, weniger Energieverbrauch. Was zunächst paradox klingt, soll die Verwendung von Holz als Baumaterial ermöglichen. Es sind vor allem fünf Aspekte, die Holz zu dem vielleicht umweltfreundlichsten Baustoff der Welt machen.

  1. Holz wächst nach, bindet dabei Kohlendioxid (CO2) und produziert gleichzeitig Sauerstoff.
  2. Bei der Produktion von Holzwerkstoffen und bei der späteren Weiterverarbeitung bzw. Entsorgung wird vergleichbar wenig Energie eingesetzt.
  3. Durch den Ersatz von energieintensiven und dadurch klimaschädlichen Baumaterialien wie Beton und Zement wird reichlich CO2 eingespart.
  4. Holzprodukte im Bauwesen bleiben in der Regel lange eingebaut und lagern den im Holz enthaltenen Kohlenstoff daher langfristig ein.
  5. In den nachhaltig bewirtschaften Wäldern wird Platz für junge Bäume geschaffen, die in ihrer Wachstumsphase besonders viel CO2 binden.

Welche Rolle spielen unsere Wälder für das Klima

Unsere Wälder spielen eine herausragende Rolle im Klimageschehen, weil sie maßgeblich am Kohlenstoffaustausch zwischen der Atmosphäre und den Land-Ökosystemen beteiligt sind. Kohlenstoff kommt in der Luft in Form des Gases Kohlendioxid (CO2) vor. Die Wälder nehmen CO2 direkt aus der Atmosphäre auf und nutzen dies für den Wachstumsprozess der Bäume.

Jeder Kubikmeter Holz, also ein Würfel mit einer Kantenlänge von einem Meter, wandelt in seiner Wachstumsphase zum Aufbau der eigenen Biomasse durch die Fotosynthese 0,9 Tonnen CO2 um. Dabei wird der Sauerstoffanteil (O2) wieder freigegeben, der Kohlenstoffanteil (C) dient dem Aufbau des Holzes und bleibt für die gesamte Lebensspanne des Baumes gebunden. Erst wenn die Bäume verrotten oder verbrennen, gelangt der Kohlenstoff als schädliches CO2 zurück in die Atmosphäre.

Welche Klimakiller stammen vom Menschen?

Unter natürlichen Bedingungen ist der Kohlenstoffkreislauf geschlossen und ausgeglichen. Erst der Mensch bringt den natürlichen Stoffkreislauf durcheinander. Selbst wenn der vom Menschen erzeugte Anteil der CO2-Emissionen im Gesamtkreislauf klein erscheint, geht die Bedrohung des Klimas dezidiert auf die moderne menschliche Gesellschaft zurück. Eine Hauptursache ist die massive Brandrodung von Wäldern, die zur Gewinnung von Ackerland dient. Spätestens seit der industriellen Revolution bedrohen vom Menschen forcierte Entwaldungen das Klima, da die Wälder beim Abbrennen eingespeicherten Kohlenstoff freisetzen, Ackerland aber im Vergleich zum Wald weniger CO2 bindet. Aus dem gleichen Grund stellt die fortgesetzte Rodung der Regenwälder weiter eine ernste Gefahr für den Klimahaushalt dar.

Zimmerei

Nachhaltige Forstwirtschaft und der Doppelspeicher für CO2

Werden Wälder nach dem Nachhaltigkeitsprinzip bewirtschaftet und beständig neu aufgeforstet, bedeutet dies keine Gefahr für das Klima. Im Gegenteil: Heranwachsende Bäume wandeln besonders viel CO2 um, eine nachhaltige Holzernte schafft daher immer wieder Platz für junge Bäume.

Wird zudem das gewonnene Holz als Werkstoff genutzt, bleibt das Treibhausgas über die gesamte Lebensdauer des hergestellten Produktes – sei es ein Haus oder ein Möbelstück – quasi gespeichert. Neben den Waldspeicher für CO2 entsteht so ein Holzspeicher durch die Produktion von Holzprodukten.

Besonders hoch ist dabei der Effekt im Bauwesen, weil Häuser aus Holz eine lange Lebensdauer aufweisen und der Kohlenstoff auf diese Weise über eine große Zeitspanne der Atmosphäre entzogen bleibt. Deshalb ließen sich durch eine nachhaltige Veränderung der Bauweise ganze Städte in CO2-Speicher umwandeln. Genug Holz für solche Visionen ist vorhanden, denn die Rohstoffspeicher der deutschen Wälder sind prall gefüllt. Rund ein Drittel der Gesamtfläche Deutschlands ist mit Wald bedeckt. Auf einer Fläche von 11,4 Millionen Hektar gedeiht ein Holzvorrat von 3,7 Milliarden Kubikmeter. Das ist mehr Holz als in jedem anderen Land der Europäischen Union.

Bereits ein Drittel der Holzernte aus den heimischen, nachhaltig bewirtschafteten Wäldern würde ausreichen, um das gesamte jährliche Neubauvolumen in Deutschland aus Holz zu bauen. Denn allein in Deutschland bemisst sich der Holzzuwachs jährlich auf 120 Millionen Kubikmeter, von denen 70 Millionen Kubikmeter pro Jahr geerntet werden.

Ein zweiter entscheidender Vorteil der Holzverwendung ist die Substitution energieintensiver Baustoffe. Neben der Ackerlandgewinnung ist die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdgas und Erdöl bis heute der größte Faktor im CO2-Geschehen. Jeder fossile Brennstoff enthält Kohlenstoff. Beim Verbrennen verbindet sich der enthaltene Kohlenstoff mit Sauerstoff und gelangt so als Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Auch diese Form der anthropogenen Störung des natürlichen CO2-Kreislaufs hat vor allem seit der Industrialisierung kräftig an Fahrt aufgenommen und setzt sich leider bis heute ungebremst fort.


Zimmerei

Wie lassen sich CO2-Emissionen im Bauwesen reduzieren?

Im Bauwesen kann der Ersatz besonders energieintensiver Produkte durch den klimaneutralen Baustoff Holz zur Senkung der CO2-Emissionen führen. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge könnten beim Neubau von Einfamilienhäusern aus Holz im Vergleich zu herkömmlichen Gebäuden bis zu 56 Prozent an Treibhausgas eingespart werden.1 Wie kann das sein? Zum Beispiel setzt eine Tonne Zement während der Herstellung eine Tonne CO2 frei. Nicht verwunderlich ist daher, dass die Zementindustrie knapp 8 Prozent der globalen CO2-Emissionen erzeugt. Momentan ist hier leider noch keine Trendwende abzusehen. Seit den 90er Jahren hat sich die weltweite Zementproduktion sogar vervierfacht.

Im Gegensatz dazu punktet der Holzbau in vielerlei Hinsicht. Kurze Bezugswege für das Material aus dem Wald und eine energetisch wenig aufwendige Produktion und Verarbeitung führen zu einem vergleichbar geringen Energieaufwand. Weder muss wie bei der Herstellung von Stahlbeton Erz geschmolzen werden, noch ist ein Brennen von Ton und Kalk wie bei der Zementproduktion notwendig. Die Herstellung von Stahlbeton verbraucht etwa viermal mehr Primärenergie als in die entsprechende Menge von Bauholz.

Wie eingangs bereits erwähnt, bindet ein Kubikmeter Holz etwa 0,9 Tonnen CO2. Diese Menge wächst in Deutschlands Wäldern in weniger als einer Sekunde nach. Bei einem mittelgroßen Einfamilienhaus aus Holz mit circa 140 Quadratmetern Wohnfläche werden circa 30 Kubikmeter Holz verbaut. Das Bauholz stammt meist von Fichten, die Ernte von etwa 10 Fichten erbringt die benötigten 30 Kubikmeter Bauholz. Kaum zu glauben, aber auch diese Holzmenge wächst in den heimischen Wäldern in weniger als einer halben Minute nach. An einem einzigen Tag wächst so allein in Deutschland das Holz für mehr als 3000 Einfamilienhäuser nach.

In diesem Sinne sind in dem Bauholz eines Holzhauses knapp 27 Tonnen CO2 (0,9 mal 30) eingespeichert – und zwar ohne die Holzanteile dazuzurechnen, die in Holzfaserplatten und Zellulosedämmungen stecken, die beim Bau eines ökologischen Holzhauses oftmals Verwendung finden. Auch im Ausbau steckt viel Potenzial für den Klimaschutz. Werden Bodenbeläge, Fenster, Türen und Fassaden aus Holz gefertigt, können 10 bis 25 Prozent Emissionen im Vergleich zu einem Ausbau mit überwiegend mineralischen Bauteilen eingespart werden.1

Es kommt noch besser: Durch die Substitution von fossilen Energieträgern oder energieintensiv produzierten Stoffen, kann ein Holzhaus die eingesparte CO2 Menge sogar mehr als verdoppeln. Auf diese Weise werden Bauherren, die sich für ein Holzhaus entscheiden, per se zu Klimaschützern, da durch die Einsparung von circa 54 bis 60 Tonnen CO2 rund 40 Jahre PKW-Nutzung ausgeglichen werden.2 Das ist gut für die Umwelt, gut für den eigenen ökologischen Fußabdruck und gut für das Gewissen.

Darüber hinaus sind Holzbaustoffe ressourcenschonende Kreislaufprodukte, die nach ihrem Einsatz als Bauholz zur Herstellung weiterer Holzprodukte stofflich genutzt werden können, bevor sie am Ende des Lebenszyklus als Brennstoff Verwendung finden. Aufwendige Recyclingprozesse, die bei konventionellem Bauschutt notwendig sind, entfallen bei einer streng ökologischen Bauweise, die gezielt auf nachhaltige Materialien setzt. In der Gesamtsicht ist Holz also ein ökologisches Multitalent – und wohl der nachhaltigste und klimafreundlichste Baustoff, der zurzeit auf unserem Planeten verfügbar ist.

1 Hafner, Annette / Rüter, Sebastian / Ebert, Samuel / et al: Treibhausgasbilanzierung von Holzgebäuden – Umsetzung neuer Anforderungen an Ökobilanzen und Ermittlung empirischer Substitutionsfaktoren (THG-Holzbau). Bochum 2017. Ruhr-Universität Bochum Fakultät Bau- und Umweltingenieurwissenschaften Ressourceneffizientes Bauen.

2 »Bauen mit Holz = aktiver Klimaschutz. Ein Leitfaden« Holzforschung München, WZW. Technische Universität München 2010