24. Juni 2022

Mehrfamilien­häuser aus Holz als Gemein­schafts­projekt

Der Wunsch nach Wohneigentum bleibt ungebrochen. Als Gemeinschaftsprojekt in Form von Mehrgenerationenhäusern oder Mehrfamilienhäusern aus Holz lässt er sich kosten- und flächensparend verwirklichen. Das Bauen in der Gruppe als Baugruppe, Baugemeinschaft oder Bauherrengemeinschaft hat viele Vorteile. Einsparungen von 10 bis 20 Prozent sind keine Ausnahme.

Viele Familien träumen weiterhin den Traum vom Eigenheim. Doch die Preise für Grundstücke und Bauland steigen unaufhörlich weiter. In den großen Städten und Metropolregionen ist das Bauen eines Eigenheims für Normalverdiener kaum noch realisierbar. Auch in den kleineren Städten im Speckgürtel der Metropolen ziehen die Grundstückspreise weiter kräftig an.


Wohnen als Gemeinschaftsprojekt

Gemeinsam baut und wohnt es sich besser

Ein Ausweg kann der Zusammenschluss privater Bauherren zu einer Baugruppe sein, die auch Baugemeinschaften oder Bauherrengemeinschaften genannt werden. Das Bauen in der Gruppe wird immer beliebter, da sehr viele Kosten durch die Gemeinschaft geteilt werden können und das Bauprojekt ohne einen Bauträger realisiert wird. Die Marge eines Bauträgers, die er für die Bereitstellung einer schlüsselfertigen Immobilie erhält, entfällt bei dieser Art des Bauens.

In der Regel erwerben die Mitglieder einer Baugruppe zunächst gemeinsam ein Grundstück. Dieses Grundstück können sie dann in Eigenregie und nach eigenen Vorstellungen bebauen, sofern es der Grundstücktyp bzw. Bebauungsplan zulässt. Denkbar sind zum Beispiel Reihenhäuser, Doppelhäuser oder Mehrfamilienhäuser. Bereits beim Bau eines einzigen Doppelhauses – quasi als Zwei-Parteien-Baugruppe – können spürbar die Kosten gesenkt werden. Der Clou hierbei: Wenn die Baugruppe nach dem Grundstückskauf selbst alle Gewerke unabhängig beauftragt, fällt die Grunderwerbssteuer nur für den Preis des Baugrundstückes an. Im Gegensatz dazu muss die Grunderwerbssteuer für den Gesamtpreis (Immobilie plus Grundstück) gezahlt werden, sofern Grundstück und Immobilie bei einem Bauträger schlüsselfertig aus einer Hand erworben werden. Gleiches gilt für die Notarkosten, die sich ebenfalls am Gesamtpreis bemessen. Auch hier senkt die eigenständige Beauftragung nach dem Grundstückskauf erheblich die Kosten.

Sparen durch den Gruppeneffekt

In vielen Fällen können Baugruppen bessere Konditionen aushandeln und durch den Gruppeneffekt anfallende Kosten teilen. Beispielsweise können die Kosten für die Erschließung des Baugrundstücks oder für den Architekten zwischen den Mitgliedern der Gruppe geteilt werden. Bei dem beauftragten Bauunternehmen und den Handwerkern der Einzelgewerke sparen Baugruppen zudem quasi durch den Mengenrabatt. Je größer das Auftragsvolumen, desto kostengünstiger können Bau- und Handwerksleistungen angeboten werden. Baunebenkosten wie Arbeitslohn, Transport, Fahrzeiten, die in der Summe rund zwei Drittel der Baukosten ausmachen, können auf diese Weise reduziert werden. Darüber hinaus lassen sich in der Masse auch günstigere Preise bei nachhaltigen Dämmstoffen, regenerativen Haus- und Heiztechniksystemen sowie bei wohngesunden Gestaltungsmaterialien für den Innenausbau wie Lehmputz oder ökologischen Wandfarben aushandeln.


Wohnen als Gemeinschaftsprojekt

Baugruppen präferieren ökologische Bauweise

Schon die ersten Vorläufer der heutigen Baugruppen und Baugemeinschaften aus den frühen 80er-Jahren setzten vermehrt auf ökologische Bauweisen und auf die Verwendung von nachhaltigen und ressourcenschonenden Baustoffen. Baugruppen weisen in der Regel eine hohe Affinität für klimaschützende Bauweisen auf, meist existieren in Baugruppen auch keine Berührungsängste mit dem Holzhausbau. Vielmehr zählen Baugemeinschaften zu den frühen Pionieren des ökologischen Bauens mit Holz. Zudem eint der Wille zum gemeinsamen Planen, Bauen und Wohnen die Baugruppen. Generationsübergreifende Konzepte, die in Mehrgenerationshäuser ihren Ausdruck finden und die Gestaltung eines aktiven Miteinanders als Nachbarschaft stehen bei Baugemeinschaften zudem im Mittelpunkt. Gerade im urbanen Raum werden daher häufig Projekte verwirklicht, die Orte für Begegnungen in Form von gemeinschaftlichen Gärten, Gemeinschaftsküchen, Werkstätten und Spielplätzen schaffen. Das gemeinschaftliche Wohnen begreift sich als Alternative zum klassischen Einfamilienhaus und zum standardisierten Wohnungsbau.

Möglich werden diese modernen Wohnkonzepte in ökologischer Bauweise durch die selbstbestimmte Planung in der Gemeinschaft und durch die Verteilung der Kosten auf die Gruppenmitglieder. Darüber hinaus fördern viele Kommunen mit speziellen Krediten und Zuschüssen das Bauen als Baugruppe. (Überblick hier:
www.foerderdatenbank.de/FDB/DE/Foerderprogramme/foerderprogramme.html )

Oft sind es auch die Städte und Kommunen selbst, die Grundstücke direkt und gezielt für Baugemeinschaften ausschreiben. Auch Banken wie die GLS Bank oder die UmweltBank unterstützen besonders ökologisch und nachhaltige Bauprojekte mit speziellen Förderkonditionen. (www.gls.de/privatkunden/bauen/baugruppen)
(www.umweltbank.de/baufinanzierung/baugemeinschaften)


Mehrgenerationenhaus Holzbauweise

Wie werden Baugruppen organisiert?

Baugruppen organisieren sich als Verein, Genossenschaft oder als GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), um als rechtliche Gemeinschaft die Planungen aufzunehmen. Diese Formen der Zusammenschlüsse von mehreren privaten Bauherren entwickeln sich in der Regel in drei Schritten. Aus einer Interessengemeinschaft entwickelt sich eine Planungsgemeinschaft und schließlich eine verbindliche Baugemeinschaft, die erst zur Teilnahme an der Projektrealisierung verpflichtet.

Treten Städte und Kommunen als Initiatoren auf, werden meist sogenannte betreute Baugemeinschaften bevorzugt, die von einem Projektentwickler bzw. Baubetreuer oder Architekten koordiniert werden. Manche Architekten richten sich auch mit fertig ausgearbeiteten Konzepten bereits gezielt an Baugruppen. Die Baugruppen können dann wählen, welches Konzept am besten zum eigenen Vorhaben passt. Weil hier bereits Grundkonzepte vorhanden sind, werden viele Entscheidungen vorweggenommen, was wiederum den gesamten Planungsaufwand für die Bauherren, aber auch die Einflussnahme auf die individuelle Planung ein Stück weit reduziert. Davon unterscheiden sich die privaten Baugemeinschaften, wo sämtliche Durchführungsschritte allein von den Bauherren organisiert werden.

Zusammen Bauen und Wohnen.

Selbstverständlich müssen Mitglieder einer Baugruppe eine gewisse Kompromissbereitschaft mitbringen und eventuell auch eine gesunde Portion Streitkultur. Nicht alle Entscheidungen laufen konfliktfrei ab. Viele Aspekte des gemeinschaftlichen Bauens nehmen auch reichlich Zeit in Anspruch, da immer wieder neue Abstimmungen anstehen. Ganz ohne Krisen kommt wohl kaum eine Baugruppe aus. Zur Belohnung hat man dann beim Einzug meist die gröbsten Schwierigkeiten hinter sich gelassen und wohnt in einem ökologisch und ökonomisch sinnvollen Zuhause. Außerdem kennen sich die Beteiligten dann bereits recht gut und können sich auf eine gemeinsame und selbstgestaltete Zukunft freuen.

Fotoquellen: 1. Mann mit Cap, Nina Strehl on Unsplash; 2. Häuser, Isaac Quesada on Unsplash; 3. Essen, Priscilla Du Preez on Unsplash; 4. Mehrgenerationenhaus, Siepmann