11. August 2021

Konstruktiver Holzschutz: Ohne Chemie zum Holzhaus

Häuser aus Holz müssen dauerhaft vor Feuchtigkeit geschützt werden, um eine lange Lebensdauer zu erreichen. Früher behalfen Hausanbieter sich mit Chemie, heute ist dies weitgehend verpönt. Ökologische Hausbaufirmen verzichten gänzlich auf chemische Holzschutzmittel, an die Stelle rückt der konstruktive Holzschutz. Was ist das? Auf jeden Fall eine Lösung mit Köpfchen, die gut für die Gesundheit ist.

Noch immer gibt es Vorbehalte gegen den Holz­hausbau, viele davon beruhen auf Erfahrungen und Altlasten aus der Zeit zwischen den 60er und 80er Jahren. In Fertighäusern jener Epoche sind häufig Schadstoffe wie Asbest, Formaldehyd oder chemische Holz­schutz­mittel zu finden. Diese Chemikalien können bis heute die Raumluft in den Häusern beeinträchtigen und die Bewohner schädigen. Aus den Fehlern der Vergangenheit hat vor allem der ökologische Holzbau gelernt und einen Holzbau ohne gesundheitsschädigende Baustoffe auf den Weg gebracht. Ein konstruktiver Holz­schutz ist neben der Nutzung rein ökologischer Baustoffe ein entscheidendes Merkmal dieser zeitgemäßen Bauweise von Holzhäusern.

Konstruktiver Holzschutz, was ist das?

Unter dem Begriff konstruktiver Holzschutz subsumieren sich sämtliche Schutzmaßnahmen, die dem Baumaterial Holz ohne Rückgriff auf chemische Behandlungen ein langes Leben bescheren. Das Holz wird quasi auf natürlichem Wege vor Niederschlag und Tau- oder Spritzwasser geschützt.

Konstruktiver Holzschutz beginnt bereits bei der Material­verarbeitung sowie in der Planung und Vorbereitung eines Bauvorhabens. Schon bei der Konstruktions­planung eines Hauses aus Holz wird der gesamte Aufbau der Bauteile und der Konstruktions­details gezielt auf den Feuchtigkeits­schutz und auf den Schutz vor Wind und Wetter hin ausgerichtet. Die Gestalt und Geometrie des Gebäudekörpers, die Hausausrichtung auf dem Grundstück und die detailliert geplante Anordnung einzelner Bauteile spielen beim konstruktiven Holzschutz zusammen. Alle diese Faktoren sind so gestaltet, dass Nieder­schläge oder Tauwasser schnell abgeführt wird oder abtrocknen können, um das Haus vor Feuchtigkeit zu schützen. Eine korrekte Bau­aus­führung muss garantieren, dass feucht gewordene Holzelemente in kurzer Zeit trocknen können oder von vorneherein trocken bleiben. Beispielsweise werden durch den Einsatz von Dachüberständen und durch die Vermeidung von waagerechten Flächen auf bauliche Weise unerwünschte Wasser­ansammlungen vermieden, die zu Feuchte­schäden oder Pilzbefall führen könnten.

Auch die diffusionsoffenen Wandaufbauten von ökologischen Holzhäusern wirken einer Durch­feuchtung der Konstruktions­ebene bzw. der Tragwerke entgegen. Die verschiedenen Schichten des Wandaufbaus werden so konstruiert, das weder Feuchte durch Schlagregen noch der Feuchtigkeits­­gehalt der Raumluft in die Konstruktion einwandern können.

Konstruktiver Holzschutz auf Materialebene

Das für den Bau genutzte Bauholz besteht aus an sich schon widerstands­fähigen Holzarten und wird im Vorfeld der Verarbeitung technisch getrocknet, was Pilz- oder Ungeziefer­befall vorbeugt. Technische Trocknungs­verfahren reduzieren die Holzfeuchte, wodurch das Bauholz später gegen eine starke Aufnahme von Feuchte entscheidend geschützt wird. Diese Form der Vorbehandlung hat sich inzwischen etabliert. Zudem wird das Holz im Betrieb fach­männisch gelagert, damit es vor dem Einbau nicht durch Feuchtigkeit geschädigt wird.


Konstruktiver Holzschutz beim Aufbau eines Holzhauses

Konstruktiver Holzschutz beim Aufbau eines Holzhauses

Beim Holzbau spricht man aufgrund der trockenen Vorfertigung aller Wand-, Decken- und Dachelemente im Werk des Holzbau­betriebes von einer „trockenen Bauweise“. Die Bauteile werden regengeschützt zur Baustelle geliefert und innerhalb von ein oder zwei Tagen montiert. Bis der Rohbau nach wenigen Tagen regendicht geschlossen ist, werden die Holzdecken und Wände mit einer speziellen Abdichtungs­folie effektiv vor Feuchtigkeit geschützt. Die Außenhaut des Hauses, also die Dach- und Fassaden­konstruktionen, werden baulich durch eine Luftschicht von den übrigen Gebäudeteilen getrennt, wodurch eine ständige Hinterlüftung entsteht, die wiederum vor einem direkten Feuchte­eintrag in die Konstruktions­­ebene schützt. Ein „Trockenwohnen“ wie beim Massiv­bau, gibt es beim Holzbau daher im eigentlichen Sinne nicht.


Konstruktiver Holzschutz bei wichtigen Anschlussdetails

Konstruktiver Holzschutz bei wichtigen Anschlussdetails

Der konstruktive Holzschutz spielt bei den sogenannten Anschlussdetails im Holzbau ebenfalls eine große Rolle. Als Anschlussdetails werden unter anderem jene Bereiche des Hauses verstanden, die besonderen bauphysikalischen und konstruktiven Anforderungen unterliegen. Vor allem die Details an sensiblen Punkten, die den Übergang der Holz­bau­konstruk­tionen zu anderen Material­teilen markieren, beispielsweise im Bereich der Fenster- oder Sockelanschlüsse, erfordern überdies fundierte Fachkenntnisse bei der Ausführung und in Bezug auf den konstruktiven Holzschutz.

Konstruktiv fehlerhafte Lösungen und schlampige Ausführungen können rasch zu Schäden an den Bauteilen führen. Undichte Fensterbankanschlüsse und fehlende Regensicherheit im Bereich von Raffstorekästen sind ebenso klassische Fehler­quellen der Bauausführung wie eine unsachgemäße Sockel­abdichtung oder eine unsachgemäße Boden­entkopplung des Holzes vom feuchten Untergrund. Auf einen gebührenden Abstand der Holzbausteile vom Erdreich ist tunlichst zu achten, damit aufsteigende Feuchte abgefangen werden kann. Überall, wo Wasser in die eigentliche Holz­konstruktion eindringen kann, ist eine erhöhte Sorgfalt gefragt. Mängel treten daher vor allem an Stellen auf, wo die Arbeiten verschiedener Gewerke zusammentreffen.

Die Vergangenheit als Vorbild

Nachdem sich Bauausführungen mit chemischen Holzschutzmitteln als Irrweg des Holzbaus und Sündenfall mit Langzeitwirkung erwiesen haben, bemühten sich spezialisierte Zimmerei- und Holzbaubetriebe aus der Bewegung des ökologischen Bauens initiativ um konstruktive Holzschutz­lösungen. Hierzu diente zum Teil auch der Rückgriff auf jahrhundertealte Bauprinzipien. Schon bei uralten Gebäuden aus Holz finden sich manche Lösungen des heutigen konstruktiven Holzschutzes wieder. Auch damals schützte man die Holzkonstruktionen bereits auf baulichem Wege geschickt vor schädigenden Witterungs­einflüssen und Feuchtigkeit. Viele Holzbauten aus jener Zeit weisen so eine Standdauer von vielen hundert Jahren auf. Aufbauend auf den Kenntnissen der alten Baumeister hat sich der konstruktive Holzschutz zu einem nicht mehr wegzudenkenden Bestandteil der modernen Holzbauweise entwickelt. Heute befinden sich die Maßnahmen des konstruktiven Holzschutzes auf einem technisch derart ausgereiften Niveau, dass auf Chemie zum Holzschutz gänzlich verzichtet werden kann. Vor allem aber gewährleistet die Beachtung der Prinzipien des konstruktiven Holzschutzes die Langlebigkeit des Holzes und die lange Lebensdauer eines modernen Holzhauses.