6. September 2018
Tiny Houses: Wie viel Wohnraum braucht der Mensch?
Steigende Mieten, wahnwitzige Immobilienpreise, Lebensentwürfe auf Zeit und eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Die Idee der Tiny Houses stammt ursprünglich aus den USA. Doch auch bei uns findet der Wohntrend der Minihäuser immer mehr Anhänger.
Für Normalverdiener wird der Traum vom Eigenheim aufgrund stetig steigender Immobilienpreise nahezu unerschwinglich. Besonders in Großstädten wird Wohnraum immer knapper, in den beständig wachsenden Ballungsräumen wird es langsam eng. Und teuer, sowohl für Mieter als auch für Käufer. Kann das Tiny House eine ernsthafte Alternative sein?
Noch immer begegnen viele junge Familien ihrem erhöhten Platzbedarf mit einer Flucht aus der Stadt. Diese zieht es in den dörflichen Vorort, in den Speckgürtel der Stadt oder ganz hinaus aufs Land, wo der Traum vom Haus mit Garten noch realisierbar ist. Für ebenso viele junge Menschen ist aber ebendies keine Option mehr. Zu reizvoll ist das urbane Leben in den Metropolen. Kurze Wege zur Arbeit sowie die gesamte städtische Infrastruktur machen das Stadtleben einfach attraktiv.
Auf der Suche nach Wohnkonzepten, die stadtnahes Leben und den Eigenheimwunsch verbinden, wird die Idee der Tiny Houses auch hierzulande immer beliebter – insbesondere für kinderlose Paare, Singles und Kleinfamilien. Anders als in den USA geht es dabei aber meist nicht um bauwagenähnliche Tiny Houses auf vier Rädern, sondern um Mini- oder Kleinsthäuser, die durchaus 50 bis 90 Quadratmeter groß sind und baulich ebenso hochwertig wie ein normales Haus ausgeführt werden.
Downsizing – Wohntrend Tiny House
Nicht allein aufgrund der Immobilienpreise findet die Idee der kostengünstigeren Tiny Houses mehr und mehr Zuspruch. Das Interesse für die Minihäuser ist zugleich eine Reaktion auf den Quadratmeterwahn in Deutschland. Seit den fünfziger Jahren hat sich die Wohnfläche mehr als verdoppelt, die im Durchschnitt jeder Deutsche bewohnt. Wurden in den Nachkriegsjahren noch 20 Quadratmeter pro Person als vollkommen ausreichend angesehen, lebt jeder Einzelne im statistischen Mittel heute auf über 46 Quadratmetern. Ein Wohlstandsphänomen auf Rekordniveau, das auch innerhalb weiter Teile Europas seinesgleichen sucht. Ähnliche Pro-Kopf-Wohnflächen finden sich zwar in der Schweiz, in Italien oder Großbritannien beträgt die Durchschnittswohnfläche pro Person hingegen nur knapp über 30 Quadratmeter.
Die Vereinfachung des Lebensstils als Wohlfühlfaktor
Gerade jüngeren Menschen leuchtet ein Statusdenken, das sich an der Quadratmeterzahl bemisst, nicht mehr ein. Vielmehr dominiert der Wunsch, reduzierter und etwas einfacher zu leben. Ebenso passt die jahrzehntelange Bindung an hohe Kreditzahlungen für ein großes Haus nicht mehr wirklich zu den flexiblen Lebenskonzepten der jüngeren Generation. Wer weiß schon, wo er morgen lebt? Die Wohngewohnheiten ändern sich, warum nicht auch die Hausgrößen? Entwürfe für moderne Wohnformen auf weniger Fläche liegen bei zahlreichen Architekten in den Schubladen bereit.
Weitere Faktoren wie niedrige Energiekosten und die Schonung der Umwelt sprechen ebenfalls für den Bau eines Tiny House. Der ökologische Gedanke beim Bauen wird jungen Bauherren und Baufamilien immer wichtiger. Sie möchten einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen und entdecken daher das Tiny House für sich. Mit einem Tiny House wird der tägliche Energiebedarf deutlich gesenkt. Bereits beim Bau wird durch die geringe Grundfläche der Minihäuser weniger Energie verbraucht. Selbstverständlich wird allein dadurch sowie durch einen geringen Ressourceneinsatz die Umwelt nachhaltig geschont.
Tiny Houses vom Holzbauspezialisten
Grundsätzlich lässt sich ein Tiny House aus Holz im gleichen Qualitätsstandard wie ein großes Haus in moderner Holzbauweise bauen. Alle Vorteile des ökologischen Holzrahmenbaus punkten auch bei der kleinen Hausvariante. Der Einsatz ökologischer Baustoffe und natürlicher Dämmmaterialien sorgt für eine herausragende CO2-Bilanz, gepaart mit einer zeitgemäßen Haustechnik erreichen gut geplante Minihäuser dann auch die gängigen KFW-Standards. Zwar bieten einige Hersteller Minihäuser an, die wie bessere Gartenhütten aussehen, nichts spricht aber gegen hochwertige Ausführungen. Auf eine individuelle Architektur und eine Haus- und Grundrissplanung, die exakt an die späteren Wohnbedürfnisse angepasst wird, muss kein Bauherr zwangsläufig verzichten. Wer nur über ein kleines Budget verfügt, kann immer noch beim Innenausbau den Rotstift ansetzen. Auch in dieser Hinsicht existieren bereits interessante Konzepte, eine Nachfrage beim regionalen Holzbaubetrieb lohnt.
Das Tiny House in Deutschland
Die amerikanische Ursprungsidee der mobilen Tiny-Häuser ist leider in Deutschland etwas schwieriger umzusetzen. Für einen Transport werden jede Menge Sondergenehmigungen benötigt. Wer sein Tiny House als echten Wohnsitz plant, muss sich mit den üblichen Baugenehmigungen und Regularien des Hausbaus in Deutschland auseinandersetzen. Ohne Strom- und Wasserversorgung und Abwasserzugänge wird auch ein noch so kleines Tiny-House folglich nicht genehmigt werden. Für ein wilderes Wohnen ist Deutschland leider noch nicht bereit.