12. Juni 2018

Holzhausbau: Kann ich ohne Sorge um den Brandschutz ein Holzhaus bauen?

Manche Gerüchte halten sich ewig und lassen sich wohl nicht mehr aus der Welt schaffen. Zum Beispiel der Mythos vom leicht brennbaren Holzhaus. Auch wenn Feuerwehrleute und Brandschutzexperten das Gegenteil behaupten: Bei Bauherren ist die Angst vor einem mangelnden Feuer- und Brandschutz beim Holzhausbau weiterhin verbreitet.

Holzhäuser brennen schneller als Häuser aus Stein – diesen Satz würden vermutlich sehr viele Menschen auf Anhieb unterschreiben. Doch ist er auch wahr? Stellt der Brandschutz beim Holzhaus heute noch ein Problem dar? Oder ist ein Holzhaus im Brandfall so sicher wie jedes andere Haus?

Zunächst einmal sollte man sich vergegenwärtigen, dass ein Hausbrand fast immer vollkommen unabhängig von den verwendeten Baustoffen entsteht. In den meisten Fällen liegt als Brandursache ein Fehlverhalten der Bewohner vor. Ebenso führen Mängel an den elektrotechnischen Geräten und Leitungen häufig zum Einsatz der Feuerwehr. Wenn in einem Haus ein Brand entsteht, greift das Feuer vom Brandherd schnell auf Gardinen, Tapeten, Bücher und das Mobiliar über. Dies ist in einem gemauerten Steinhaus nicht anders als in einem Holzhaus. Dennoch befürchten viele Bauherren, dass ein Holzhaus in Sekunden lichterloh in Flammen steht, weil Holz naturgemäß ein brennbares Material ist. Die weit verbreitete Sorge um den Brandschutz beim Holzhaus bezieht sich daher vor allem auf den Feuerwiderstand einer Holzbaukonstruktion.

Brandschutz beim Holzhaus:
Welche Vorschriften sind relevant?

Beruhigend für alle Bauherren dürfte folgende Information sein: Deutschland ist für extrem strenge Bauvorschriften bekannt. Und in kaum einen Bereich sind die baurechtlichen Bestimmungen härter als beim Brandschutz. Diese betreffen nahezu jedes einzelne Bauteil eines Hauses. Kaum ein Bauteil unterliegt nicht einer brandschutztechnischen Norm. Eine Klassifizierung von Bauteilen hinsichtlich ihres Feuerwiderstandes findet sich in der DIN 4102-Teil 4, Brandschutz von Baustoffen und Bauteilen. Bauherren finden hier einen umfassenden Bauteilkatalog für Holzbaukonstruktionen und die entsprechenden Feuerwiderstandsklassen.

Grundsätzlich unterliegen Holzhäuser den gleichen gesetzlichen Brandschutzbestimmungen wie Häuser in Massivbauweise. Verbindliche Vorschriften und Richtlinien für die Planung und den Bau von Holzhäusern und generell für den vorbeugenden baulichen Brandschutz legen die jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) der verschiedenen Bundesländer fest. Diese Vorschriften schreiben baustoffübergreifend ein einheitliches Niveau vor. Jeder Neubau muss die Landesbauvorschriften einhalten.

Wären Holzhäuser nur halb so leicht entflammbar, wie es die einschlägigen Mythen besagen, würde wohl kaum eine Gemeinde ihre Schulen, Sporthallen und Kindertagesstätten als Holzgebäude errichten. Anders ausgedrückt: Niemand dürfte in Deutschland ein Holzhaus bauen, wenn die Brandrisiken höher einzuschätzen wären als bei herkömmlichen Bauweisen. Selbst Versicherungen machen zwischen der Holzbauweise und dem Massivhausbau meist keinen Unterschied mehr.

Natürliche Selbstschutzfunktion wirkt gegen Brandgefahr beim Holzhaus

Wer schon einmal versucht hat, ein dickes Holzscheit mit einem Feuerzeug zu entzünden, gewinnt eine Ahnung vom zögerlichen Brandverhalten des Baumaterials Holz. Ohne dünne Späne, Papier oder künstliche Brandbeschleuniger wird das gemütliche Kaminfeuer auf sich warten lassen. Je massiver ein Stück Holz ist, desto schwerer ist es entflammbar. Diese Erkenntnis hat sich der moderne Holzhausbau zu Eigen gemacht. Tragende Elemente wie Stützen und Balken werden beim Holzhausbau besonders stark ausgeführt und sind daher weitaus dicker, als es die Statik erfordert.

Selbstverständlich will niemand leugnen, dass Holz brennbar ist. Jedoch entflammt Holz sehr langsam und brennt zudem kontrollierbar ab. Denn der Baustoff Holz besitzt eine natürliche Selbstschutzfunktion im Fall eines Brandes. Auch dies lässt sich bei einem Kaminfeuer beobachten. Wenn Holz großer Hitze ausgesetzt wird, bildet sich auf der Oberfläche des Holzes eine Schutzschicht aus Kohle, die zunächst isolierend wirkt und ein plötzliches Abfackeln verhindert. Das langsame Verkohlen der Holzoberfläche behindert so die Sauerstoffzufuhr ins Innere des Holzes. Falls nicht vorwährend andere Stoffe brennen und somit das Feuer weiter anheizen, würden die Flammen langsam ersticken.

Allerdings sind in der Realität bei einem Hausbrand immer anheizende Materialien im Spiel. Gleichwohl besitzt Holz auf diese Weise einen natürlichen Schutz gegen Feuer, durch die der Baustoff selbst hohen Temperaturen lange standhalten kann. Zusätzlich verlangsamt die geringe Wärmeleitfähigkeit von Holz den Erhitzungsprozess im Brandfall. Im Ergebnis übertreffen solide gebaute Holzhäuser heute mit einem Feuerwiderstand von 30 bis 60 Minuten oftmals sogar die gesetzlichen Brandschutzanforderungen.

Welche Rolle spielen Feuerwiderstandsklassen beim Brandschutz?

Tragende Bauteile müssen gemäß der Brandschutzbestimmungen einen hohen Feuerwiderstand besitzen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewohner im Brandfall das Haus sicher verlassen können, ohne dass tragenden Bauteile einstürzen. Aus diesem Grund sind die Feuerwiderstandsklassen nach Zeiträumen skaliert. Eine dreißigminütige Widerstandszeit ist der Standardwert für private Wohnhäuser (F30). Durch den Einsatz entsprechend dicker Hölzer bei allen tragenden Elementen erfüllen modern konstruierte Holzhäuser diese Brandschutzvorschrift problemlos und erreichen in der Regel die Feuerwiderstandsklasse F30 oder sogar F60.

Um den Brandschutz in einem Holzhaus weiter zu verbessern, werden tragende Bauteile zudem mit feuerhemmenden Materialien wie zum Beispiel Gipsplatten verkleidet. Auf diese Weise wird ein Durchbrennen der tragenden Elemente weiter verzögert. Im Endeffekt können massive Holzbalken einem Feuer sogar länger standhalten als ein nicht speziell geschützter Stahlträger. Was viele nicht wissen: Ungeschützte Stahlträger verlieren weit vor der Schmelze ihre Stabilität und können daher unvermittelt brechen und einknicken. Dieses Szenario führte vermutlich am 11. September 2001 zum kaskadenartigen Einsturz des World Trade Centers.